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Fairy Tales

 

As painter, Anna Grau takes the view that art is primarily oriented towards two meta-themes. One being more aligned with the zeitgeist, and the other dealing with the great, eternal motifs such as love and death. The fact that Anna Grau follows the second of these paths with her painting is likewise reflected in her current cycle Fairy Tales, which revises mythical and religious motifs.

 

In Fairy Tales, Anna Grau continues the conceptual approach that she has taken with her earlier works, in that strong women form the defining element in this series of images. This time, however, the artist often depicts them with men as their counterparts so as to explore the interactions between the sexes, something she ultimately sees as a symbiotic relationship, their complexity notwithstanding.

 

 This is especially evident in Medusa and Salomé. Both images represent the variety of wild, erotic femininity that Anna Grau has repeatedly engaged with. The manner in which, for example, her Salomé displays the tray with John's head to the viewer leaves the impression that he is not her victim, but rather a lover who has given himself to her, something only reinforced by John's enraptured facial expression. In this way, Anna Grau once again deals with the dominatrix theme which she has previously addressed, here placing it within a new biblical framework.

 


 

Als Malerin folgt Anna Grau der Auffassung, dass sich die Kunst vor allem an zwei Metathemen orientiere. Während ersteres eher dem Zeitgeist verpflichtet sei, beschäftige sich das zweite mit den großen, ewigen Motiven wie der Liebe und dem Tod. Dass Anna Grau mit ihrer Malerei letzterem Pfad folgt, spiegelt sich auch in ihrem aktuellen Zyklus Fairy Tales wider, für den sie mythische und religiöse Motive einer grundlegenden Revision unterzieht.

 

Konzeptionell geht Anna Grau in Fairy Tales jenen Weg weiter, den sie bereits mit ihren früheren Arbeiten eingeschlagen hat: So bilden starke Frauen auch in dieser Bilderreihe das bestimmende Element. Diesmal jedoch setzt ihnen die Künstlerin den Mann als Gegenstück entgegen, um auf diese Weise nicht zuletzt auch die Wechselwirkungen zwischen den Geschlechtern zu erforschen, die sie trotz ihrer Komplexität letztendlich immer in einer symbiotischen Beziehung zueinander sieht.

 

Deutlich wird dieser Ansatz in Medusa und Salomé. Beide Bilder symbolisieren jene Spielart wilder, erotischer Weiblichkeit, wie sie von Anna Grau immer wieder aufgegriffen wird. In der Art, wie beispielsweise ihre Salomé dem Betrachter das Tablett mit dem Kopf von Johannes entgegenhält, erweckt sie weniger den Eindruck, als sei dieser ihr Opfer sondern vielmehr ein sich ihr hingebender Geliebter, was durch Johannes' entrückten Gesichtsausdruck nur noch verstärkt wird. Damit setzt sich Anna Grau hier wieder mit dem von ihr schon zuvor verarbeiteten Dominathema auseinander und bietet ihm, diesmal im biblischen Gewand, einen neuen Rahmen.

 


Text: R. Zieger

(»Unfathom«, art book, 2015)